KAAPZICHT WINE ESTATE

Sudafrikas Weinindustrie umfasst ungef'hr dieselbe Oberflache an Weinbergen wie Deutschlands Weinanbaugebiete, aber an Stelle von - 26000 Weinproduzenten gibt es im Suden lediglich 560 Weinkeller.

Davon sind 159 sogenannte “wine estates”, registrierte Weingüter wo die gesamte Produktion auf dem eigenen Weingut stattfindet, also keine Trauben aus anderen Gebieten für die “estate” Weine hinzu gekauft werden dürfen. Kaapzicht Estate ist ein solches traditionelles Weingut, seit 1946 im Besitz der Familie Steytler.

Geographie und Weinberge
Wir gehören zum Weinanbaugebiet Stellenbosch, liegen 30 km östlich von der Tafelbucht und 20 km nord-westlich von Stellenbosch auf der nördlichen Seite der Bottelary Hügelkette. Kaapzicht bedeutet in der einheimischen Sprache Afrikaans “Sicht aufs Kap” und von unseren 2-300 m hohen Hügeln haben wir einen herrlichen Blick auf Kapstadt und den Tafelberg.

Unsere Weinberge haben hauptsächlich nord-westliche (also warme) Ausrichtung und werden im Sommer von ständig wehenden Meereswinden gekühlt. Eine gute Kombination für volle, fruchtige Weine. Wir bewässern unsere Weinberge nicht künstlich und so haben unsere Weinstöcke ihre Wurzeln tief in den verwitterten Granitboden hinab geschoben und tragen kleine Mengen konzentrierter Früchte. Die älteren unserer Weinberge wachsen noch als sogenannte Buschweine, zB all unser Pinotage, Hanepoot (eine Art Muskadel Alexandrie) und einige unserer Chenin Blanc Weinberge, was bedeutet, dass die Weinstöcke nicht auf Draht gezogen sind und deshalb in mühsamer Handarbeit beschnitten und geerntet werden müssen.

Vor kurzem haben wir herausgefunden, dass einer unserer Chenin Blanc “vineyards” von 6 ha der zweitälteste Weinberg in Südafrika ist. Er wurde 1947 vom Grossvater meines Mannes gepflanzt und die knorrigen dicken Stämme tragen noch immer, wenn auch nur unökonomisch kleine Mengen.

Wir besitzen keine automatische Erntemaschine und haben 162 ha Weinberge auf unseren insgesamt 190 ha Land, alles in einem Stück, aber aufgeteilt in verschiedene Weinberge auf denen unterschiedliche Traubensorten wachsen. Neben dem bereits erwähnten Chenin Blanc haben wir Sauvignon Blanc, ein wenig Chardonnay und Hanepoot und an roten Sorten Cinsaut, Merlot, Shiraz, Cabernet Sauvignon und Pinotage. Mein Mann träumt davon einen vollen Bordeaux Verschnitt zu machen und so haben wir unlängst auch Caberent Franc, Petit Verdot und Malbec gepflanzt sowie ein Stück Pinot Noir oben auf 300 m Höhe auf dem kühlsten Platz der Farm (östlich ausgerichtet). Wir haben freie Hand selber zu bestimmen was für Traubensorten wir wo pflanzen möchten, es wird den Weinfarmern heutzutage nicht mehr vorgeschrieben was sie produzieren dürfen und was nicht.

Um soviele Weinberge zu bewirtschaften, brauchen wir viele Helfer und so haben wir ein ganzes Dorf mit 120 Personen die bei uns auf der Farm wohnen und von denen wir 50 Menschen fest angestellt haben.

Wir sind ziemlich selbstversorgend, haben verschiedene Arbeitergruppen die sich auf unterschiedliche Dinge spezialisiert haben: einige arbeiten manuell in den Weinbergen, andere sind Treckerfahrer, einige spezialisieren sich darauf Pfähle zu setzen und Drähte zu spannen, wir haben ein Team im Weinkeller, ein Team das immer irgendwo auf der Farm mit Bauen, Mauern, Streichen beschäftigt ist, unsere eigenen Mechaniker die unsere Lastwagen und Trecker reparieren und eine Gruppe Damen, die all unsere Weinflaschen etikettieren.

Familie und Persönliches
Auch alle Mitglieder unserer Familie haben einen job: George, der jüngere Bruder meines Mannes, kümmert sich um die Weinberge, die Landarbeit, die Fahrzeuge, die Gebäude etc- er hält die ganze Farm in Gang. Seine Frau Mandy vermietet ein kleines Gästehaus und einen Saal für Feiern und Hochzeiten, - im Sommer geht es dort an jedem Wochenende hoch her. Mein Mann Danie ist unser Kellermeister, übersieht die Finanzen und hilft auch mit marketing in Südafrika. Dieses Jahr hat sich uns unser Sohn Danie als Weinmaker angeschlossen und Vater und Sohn haben sich gut zusammengerauft und geniessen es miteinander zu arbeiten, voneinander zu lernen. Ich bin als Mutter sehr dankbar dafür, - es ist nicht immer selbstverständlich dass die nächste Generation weitermachen möchte und willig ist sich in den Familienbetrieb einzufügen.

Ich bin fuer die Exportmärkte unserer Weine zuständig und komme ursprünglich aus Bremen, - habe nach dem Abitur eine Kinderkrankenschwesternausbildung in Kiel gemacht und all mein Geld gespart, um 1978 kurz nach meinem Examen meinen Traum zu verwirklichen: ich wollte 2 Jahre lang um die Welt reisen um mich später dem Deutschen Entwicklungsdienst anzuschliessen und beschloss meine Freiheit bei einem Onkel in Namibia zu beginnen. Südafrika ist aber so schön und interessant und die Natur so abwechslungsreich (eindrucksvolle Drakensberge, tropischer Regenwald entlang der Gartenroute, Halb-Wüste und Steppe im Innern des Landes, Buschfeld und schönste weisse Sandstrände) – eine Welt in einem Land, wie die Südafrikaner sagen, so habe ich mich viel zu lange hier aufgehalten. Schuld daran waren aber auch die gastfreundlichen Menschen, die mich nicht so einfach gehen lassen wollten. Ich habe es noch geschafft 4 Monate in Malawi im Busch in einem Lepraprojekt zu arbeiten, hatte meine Flugkarte nach Australien bereits in der Hand, als dieser junge Weinfarmers Sohn hinter mir her gereist kam und mich überredete lieber ihn zu heiraten als weiterzureisen. So war ich ziemlich ruckizucki verliebt, verlobt, verheiratet,- und das jetzt schon seit 30 glücklichen Jahren.

Obwohl glücklich, waren diese Jahre auch hart: der Wechsel von Tourist zu Mitglied einer afrikaans sprechenden Farmersgemeinschaft ist tiefschürfend, wenn nicht sogar traumatisch. Es geht darum neue Wurzeln schlagen zu müssen und wie ein unbeschriebenes Blatt Papier ganz neu zu beginnen, seine Rolle und Position zu finden und den Respekt sowohl der Nachbar Farmer als auch der farbigen Arbeitergemeinschaft zu gewinnen. Es geht vor allem darum eine Balance zu finden zwischen Anpassung an die neue menschliche Gemeinschaft, (andere Sprache, andere Kultur, andere Bräuche, anderer Humor) und Beibehalten der eigenen Identität: das eine scheint nur auf Kosten des anderen zu gehen und deshalb habe ich die Anfangszeiten als schmerzhaft empfunden, bis ich gelernt habe eine neue Deutsch-Südafrikanisch balancierte Identität (bzw ein dickes Fell) zu entwickeln.

Vom Leben auf der Farm:
Bevor ich nach Südafrika kam, wurde ich gelegentlich vorwurfsvoll gefragt, wie man überhaupt erwägen kann in ein Land mit solchem Apartheidsregime zu fahren, geschweige denn einen Südafrikaner zu heiraten.

Ich fand das gar nicht so problematisch: ich habe mich um die Politik einfach nicht gekümmert, darf als Deutsche bis heute sowieso nicht wählen. Ich kam ohne Vorurteile gegen Schwarze oder Farbige hier an, wir lebten und arbeiteten auf unserer Farm und taten täglich was nötig war: als einzige weisse Frau habe ich mich vor allem um unsere farbigen Frauen gekümmert, habe versucht sie vor betrunkenen und gewalttätigen Ehemännern zu schützen, Wunden gesäubert, Fäden gezogen, sie zu jeder Tag&Nachtzeit zum Arzt gefahren und wieder abgeholt, wiederholt gebärende Frauen im Auto mit Daumen auf der Hupe durch alle roten Ampeln hindurch zum Krankenhaus gejagt oder selber Geburtshilfe geleistet, beraten wenn es um schwierige Teenager ging oder untreue Ehemänner oder finanzielle Probleme, man war einfach “Mutter” für alle und unser Haus war immer offen und erreichbar für alle, die bei uns auf der Farm lebten. Unsere Arbeiter hatten nebst Haus und Gehalt auch Pension, Urlaub, Arbeitslosenfond und Krankenhausbesuche waren zu jenen Zeiten noch umsonst. Wir fuhren sie einmal in der Woche, an jedem Sonnabend mit dem Lastwagen in die Stadt zum Einkaufen und der einzige praktische Unterschied zwischen der Zeit vor und nach Apartheid war, dass wir sie nun auch zum Wahllokal fuhren.

In unserer eigenen geschlossenen Gemeinschaft auf dem Lande lebend, ohne Fernseher und täglicher Zeitung, haben wir (im Nachhinein erschreckend) wenig von dem mitbekommen was in Grossstädten wie Johannesburg vor sich ging. Dem Kapland sagt man nach, dass es wesentlich relaxter und liberaler sei als Johannesburg und wir kamen nicht einmal sehr oft nach Kapstadt. Es war mir immer wichtiger unseren farbigen Arbeitern Respekt zu zeigen und Selbstwertgefühl einzuflössen, als mich politisch zu engagieren. Trotzdem erinnere ich deutlich was für eine Welle der Erleichterung, Freiheit und des Glückes man spürte, als die ersten Wahlen friedlich vorüber gegangen waren.

Jetzt steht der Zukunft unserer Farmkinder seit 15 Jahren kein diskriminierendes Gesetz mehr im Wege, im Gegenteil, Menschen mit dunkler Haut sind alle Türen geöffnet, Gelegenheiten, Arbeitsangebote, finanzielle Unterstützungen favorisieren Schwarze und Farbige (oft zum Nachteil weisser) Menschen. Wir haben immer so rund um 45 Kinder in allen Altersgruppen auf der Farm und ich habe beobachtet dass bis zum Jahre 2002 insgesamt lediglich 4 Kinder alle 12 Schuljahre absolviert haben, 3 davon waren Geschwister derselben Familie, wo Vater und Mutter (wie die meisten ihrer Generation) nicht lesen und schreiben können. Alle anderen Kinder verlassen die Schule als Teenager, - viele Mädchen werden schwanger und die Jungs argumentierten, dass ihre Eltern sich die Schulgelder nicht leisten könnten und sie deshalb mithelfen müssten um Geld für ihre Familien zu verdienen. So haben wir im Jahr 2002 beschlossen in Zukunft alle Schulgelder für alle Kinder unserer farbigen Angestellten zu zahlen, damit sie diese Kosten nicht als Ausrede nehmen können um die Schule zu verlassen. Trotzdem haben in den 6 Jahren seither leider nur 2 weitere Kinder den Schulabschluss geschafft, aber ich höre, dass 2 Jungen unserer Farm in diesem Jahr das Endexamen schreiben werden.

In einem weiteren Versuch die Ausbildung unserer Farmkinder zu fördern, haben wir letztes Jahr unseren dahin siechenden Kindergarten (ueber viele Jahre hinweg funktionierte er gelegentlich gut und dann wieder weniger) mit Hilfe einer Wohltätigkeitsorganisation “Pebbles” neu organisiert: wir zahlen die Gehälter von 2 jungen Kindergärtnerinnen, die von Pebbles ausgebildet werden und sich zur Zeit um 16 Kinder unter 6 Jahren kümmern.

Pebbles hat auch einen “After School Club” in unserem Gemeinschaftssaal begonnen, wo unsere ~36 Schulkinder nachmittags hingehen und ihre Hausaufgaben unter Aufsicht durchführen, sowie neue Dinge lernen, Spiele, Drama, Kunst und Sport machen. Pebbles belohnt sie mit monatlichen Ausflügen und bildet die beiden Lehrerinnen kontinuierlich aus, kontrolliert den Fortschritt und praktischen Verlauf und wir zahlen die Gehälter und halten das Gebäude in Stand.

Am Ende meines Lebens wird es mir wichtiger sein zu wissen, dass wir langfristig in Menschen investiert haben, als zu wissen wieviele Flaschen Wein wir insgesamt verkauft haben. Trotzdem brauchen wir den Weinverkauf um die Lebensumstände der Menschen auf unserer Farm verbessern zu können.

Geschichte und Entwicklung:
Wie sicher alle wissen ist Südafrikas Weinindustrie die älteste der Neuen Welt Länder: 1659 , also vor genau 350 Jahren, ist hier am Kap zum ersten Mal Wein gemacht worden. Die berühmten Süssweine Constantias sind im 18. und 19. Jahrhundert an die Königshäuser Europas geliefert worden.

Unsere Farm wurde 1712 zum ersten Mal schriftlich erwähnt unter dem Namen “Friesland”, so dass anzunehmen ist, dass friesische Siedler dies Land zum ersten Mal urbar gemacht haben. Die Familie Steytler kam 1766 aus Deutschland nach Südafrika (unter dem Namen Steudle) und der Grossvater meines Mannes kaufte die Farm 1946. Damals wurde gemischt gefarmt, dh es gab Milch & Viehwirtschaft, Getreide, Tabak und Gemüse und es wurden entweder Trauben oder loser Wein an den Grosshandel geliefert.

Ein bis zwei Grosshändler Firmen kontrollierten und dominierten die südafrikanische Weinindustrie praktisch vom Beginn des Jahrhunderts: sie nahmen den Farmern ihre gesamte Ernte ab (mit Hilfe eines blanko Vertrages den die Farmer unterschrieben, ohne dass der Verkaufspreis eingefüllt wurde) und schrieben ihnen auch vor, was sie anzupflanzen und zu produzieren hatten.

Als wir Anfang der 80iger Jahre die Farm vom Schwiegervater übernahmen, hatten wir deshalb 90% Chenin Blanc Weinberge, wovon die jüngsten 30 Jahre alt waren. Dazu gab es einen primitiven Weinkeller in dem man nicht viel mehr als ähnlich primitiven Wein machen konnte.

Mein Mann träumte davon lediglich als Hobby ein paar Kisten Wein mit seinem eigenen Etikett zu haben und so registrierte er 1984 die Farm als Kaapzicht Estate und füllte zum ersten Mal die Hälfte eines kleinen Weissweintanks unter unserem ersten Etikett ab.

Der Grosshändler aber sah dies als Opposition im Kommen und wollte diesen “Drang zur Unabhängigkeit” im Keim ersticken, ein Exemplum statuieren, so dass kein anderer Farmer in unserer Gegend auf eine ähnlich verrückte Idee kommen würde und so wurden wir damit bestraft, dass der Grosshändler nur noch einige unserer besten Weintanks abkaufte und uns mit dem ganzen Rest unserer Ernte sitzen liess. Wir begriffen wie völlig abhängig wir vom Grosshändler waren, dass wir jetzt zum ersten Mal selber Kunden für unsere Weine finden mussten wenn wir überleben wollten, dass wir deshalb bessere Qualitäten produzieren müssen und so kam diese ganze Lawine an Investition und Arbeit mit dem Ziel der Unabhängigkeit ins Rollen.

Mein Mann entschloss sich zu einem rigorosen Neuanpflanzungsprogramm, (pflanzte in den folgenden 15 Jahren hauptsächlich rote Sorten die besser zu unserem Terroir und Klima passen) und über die Jahre hinweg wurde der Keller ausgebaut, erneuert, modernisiert, neue Lagerhallen, “Function venue” und Weinverkaufsraum entstanden, - alles meist ohne Pläne und mit eigenen Arbeitskräften erbaut.

Wir entdeckten, dass unsere Weine gar nicht so schlecht waren, wie der Grosshändler uns immer gesagt hatte, dass es tatsächlich Kunden gab, die unsere Weine kaufen wollten, dass wir bessere Preise für unseren in Flaschen abgefüllten Wein bekamen, als wenn wir ihn lose verkauften.

Damals gab es in Südafrika nur ein handvoll unabhängiger Familienweingüter und alle unsere Nachbarn entlang der Bottelary Strasse lieferten ihre Trauben oder losen Wein noch an den Grosshändler. Unsere Nachbarn sind unsere besten Freunde, wir teilen alle unsere Erfahrungen miteinander und so rieten wir ihnen bald es uns nachzumachen und ebenfalls ihre eigenen Etikette auf den Markt zu bringen. Als dann 1994 Sanktionen gelüftet wurden entstand in den Qualitätsanbaugebieten etwas wie eine stille “Farmer Revolution”, im Laufe derer ein Farmer nach dem anderen begann seine Weine unter eigenem Etikett abzufüllen und sich von den Grosshändlern zu trennen.

Jetzt kann der Weinliebhaber viele wunderschöne Weinrouten entlang fahren, findet überall traditionelle bis moderne Weinprobierstuben, in denen er ohne vorherige Absprache eine Vielfalt von individuellen Weinen verkosten kann.

Kaapzicht produziert inzwischen 3 Weissweine (Chenin Blanc, Sauvignon Blanc und einen Verschnitt), 7 rote Weine unter dem Kaapzicht Etikett ( Kaleidoscope, Estate Red, Bin 3, Merlot, Shiraz, Pinotage, Cabernet Sauvignon) und 3 Topweine unter dem Steytler Etikett: Steytler Pinotage, Steytler Vision (Cape Blend) und Steytler Pentagon (Bordeaux Blend). Dazu gibt es noch Traubensaft, Dessertwein, Grappa, Brandy und Portwein.

Unsere Weine werden inzwischen in 20 verschiedene Länder rund um die Welt exportiert und wir geben als Familie noch immer jedem Wein und jedem Markt unsere persönliche Aufmerksamkeit.

Für Bilder und weitere Information gibt es unsere webseite: www.kaapzicht.co.za


Kaapzicht Wine Estate
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